Alles auf eine Karte – Teil 1

Freunde, willkommen zurück! Letzte Woche habe ich ja ausführlich über das Grinden geschrieben und Euch damit einen Einblick in meinen Alltag gegeben. Aber, wie bereits gesagt, das ist natürlich eine rein freiwillige Veranstaltung und auch nicht die einzige Möglichkeit einer Passion nachzugehen. Welche Alternative es dazu gibt, schaue ich mir heute mal für euch an.

Ich setze etwas weiter hinten an, um meine Argumentation/Sichtweise besser zu erklären. Die meisten von uns (ich weiß, nicht alle!) werden so erzogen, dass sie gut in der Schule sein sollen. Nach der Zehnten bemüht man sich dann um einen soliden Ausbildungsplatz oder macht das Abitur, um auf die Uni gehen zu können. In jedem Fall ist das Ziel ein guter Job! Nun kann man lange darüber philosophieren was ein “guter Job” ist, aber gehen wir einfach mal davon aus, dass in dieser Denkweise ein “guter Job” drei Kriterien erfüllen muss.

  1. SICHERHEIT. Er muss sicher sein. Also, eine gute Arbeitsstelle, bei einer soliden Firma, bei der man möglichst lange bleiben kann, damit die Beschäftigung und das Einkommen gesichert ist.
  2. GUTE BEZAHLUNG. Er sollte gut bezahlt sein. Richtig, “gut”, nicht sehr gut! Denn wir sollen ja gut über die Runden kommen, unsere Rechnungen bezahlen, mal Essen gehen können und einmal im Jahr in den Sommerurlaub fahren. Aber, eben auch nicht mehr. Wir wollen ja nicht werden wie “die”. Ihr wisst schon, “die” anderen mit dem Geld, die “Reichen”. Also schön dankbar sein für das was man hat. Schuster bleib bei deinen Leisten, Geld ist nicht alles, etc., etc. und der ganze andere Schwachsinn.
  3. ANSEHEN. Nach Möglichkeit, bringt er auch noch ein gewisses Ansehen mit sich. Das ist natürlich eher optional, aber den meisten Eltern wäre es schon recht, wenn ihre Tochter Ärztin oder Anwältin wird (ganz bewusst dieses stereotype Beispiel verwenden). Lässt sich auch viel besser im Familien- und Bekanntenkreis “vermarkten”, als “Ja, unsere Miriam ist jetzt Scrum-Master bei diesem neuen Tech Start-up…“

Theoretisch Rapper

Vielleicht hat sich das heute auch schon verändert, aber mir sind nicht viele Fälle bekannt, wo Eltern mit ihren Kindern eine Karriere als Künstlerin oder Musikerin, als gleichwertige Berufsoption diskutiert hätten. (Vollkommen falsch? Ihr kennt es ganz anders und eure Eltern haben das sehr wohl gemacht? Geil! Bitte schreibt mir (link zum Kontaktformular), darüber würde ich wirklich gerne mehr erfahren.) Wie immer, gibt es hier nicht nur schwarz und weiß. Am eigenen Beispiel kann ich zumindest sagen, dass auch meine Eltern grundsätzlich so geprägt waren wie oben beschrieben. Dennoch hatten sie mir immer das Gefühl gegeben, dass sie mich in allen meinen Entscheidungen unterstützen würden. Vielleicht hätte ich also in der Theorie sogar die Möglichkeit gehabt, mich schon in frühen Jahren für eine “Karriere” als Rapper zu entscheiden – denn als es Zeit für die Berufswahl war, hatte ich schon locker eine Dekade Rap auf dem Buckel.

Aber, das ist jetzt schon ein paar Jahre her und eine Karriere als Rapper in Deutschland sah noch sehr unterschiedlich aus, zu dem wie wir es heute kennen und erleben. Außerdem habe ich oben ganz bewusst geschrieben, ich hatte “theoretisch“ die Möglichkeit, mich für diesen Weg zu entscheiden. Ich glaube wie wir geprägt und auch konditioniert sind, ist sehr tief in uns verankert. Diese erlernten Glaubenssätze sind unterschwellig immer präsent und beeinflussen unser Denken und Handeln. Ohne jetzt weiter zu mutmaßen was meine Eltern vor 20 Jahren gedacht und gefühlt haben, betrachte ich mich jetzt einfach mal selber.

Ich wäre nicht so wie ich bin…

Das was wir erleben, also unsere Erfahrungen, machen uns zu dem was wir sind. Jedes Erlebnis, jedes Ereignis auf unserem Weg, trägt ein Stückchen zu unserer Persönlichkeitsbildung bei. Eine Kollegin die ich immer cool fand und sehr geschätzt habe, ist die Rapperin Cora E. Sie sagte mal in ihrem Song “Schlüsselkind”: “Ich wäre nicht so wie ich bin, wär es nicht gewesen wie es war.” Besser kann man die Wirkung der addierten Erfahrungen nicht in einem Satz zusammenfassen. (Es war übrigens auch Cora E, die mir mit ihrem Song “Nur ein Teil der Kultur” (link zum Play oder Kauf) mehr über Hip-Hop beigebracht hat als alles andere – Danke Cora!)

“Ich wäre nicht so wie ich bin, wär es nicht gewesen wie es war.” (Cora E, Schlüsselkind)

Wie unsere Eltern uns prägen

Zu unseren Erfahrungen zählt natürlich auch das Zusammenleben mit unseren Eltern. Während dieses Zusammenlebens passieren zwei Dinge. Unsere Eltern verfolgen eine, z.T. selbstbestimmte, Agenda nach der sie uns erziehen. Damit versuchen sie uns zu den, aus ihrer Sicht, bestmöglichen Menschen zu machen. Und wir adaptieren automatisch Glaubenssätze und Verhaltensweisen unserer Eltern und zwar auch die, die sie nicht aktiv vermitteln oder die ihnen vielleicht selber nicht bewusst sind.

Lasst mich mit folgendem Beispiel versuchen dies zu veranschaulichen. Wenn Eure Eltern zum Beispiel in dem Glauben erzogen worden “MusikerIn” sei kein richtiger Beruf, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass dieser Glaubenssatz immer noch vorhanden ist und in ihnen schlummert. Auch wenn sie auf dem Weg in oder durch ihr eigenes Erwachsenenleben natürlich erkannt und verstanden haben, dass das Quatsch ist, schlummert diese Information irgendwo tief in ihnen.

Kunst in the Mix

Zwar äußern sie sich bewusst anders, trotzdem kann es immer noch Verhaltensweisen geben. Zum Beispiel in der Art und Weise wie „gleichwertig“ dieser Berufswunsch im Mix mit anderen Möglichkeiten diskutiert wird, in denen dieser Glaubenssatz zu Tage tritt. Das geschieht dann ganz sachte und unterschwellig. Die Option “MusikerIn” wird neutral und vielleicht sogar interessiert in Betracht gezogen. Beim Besprechen einer der eher soliden Alternativen, wird dann betont darauf hingewiesen, das dieser Job ein regelmäßiges Gehalt bietet (mit Betonung auf regelmäßig), sicher ist (natürlich) und auch tolle Aufstiegschancen hat (was auch immer das genau sein soll). Aus ihrer Sicht nachvollziehbare Argumente, aber was kann bitte toller sein, als mit dem was man liebt sein Geld zu verdienen und im Bestfall tausende von Menschen mit der eigenen Kunst glücklich zu machen?

Und noch mal, damit will ich nicht sagen, dass unsere Eltern uns vorsätzlich “sabotieren”. Gibt es natürlich auch, aber das meine ich hier nicht. Es ist aber schon so, dass sie uns unterschwellig und vor allem unbewusst beeinflussen.

O.k., hier stoppe ich erstmal, ihr habt ja sonntags bestimmt noch einiges anders vor. Geht ihr raus, verbringt ihr Zeit mit der Familie oder wird gegrindet ? Was ihr auch tut, ich hoffe es macht euch glücklich.

In der nächste Woche werde ich dann im zweiten Teil erklären, was mein kleiner Ausflug in die Erziehungslehre eigentlich mit mir zu tun hat. Bis dahin lasst es euch gut gehen!

Peace
Jago

jagomatik

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